Haushaltsrede 2015

Lesen Sie unsere Haushaltsrede vom 16.12.2015 für das Haushaltsjahr 2016

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin!

Sehr geehrte Verwaltung!

Sehr geehrte Stadtverordneten!

Liebe Bürger und Bürgerinnen!

Der Kämmerer hat einen Haushalt vorgelegt, der von einer Erhöhung der Grundsteuer A um 1,9%, der Gewerbesteuer um 0,5% und der Grundsteuer B um 11,3% ausgeht. Das tut richtig weh, auch den Stadtverordneten.

„Wie schafft man im Leid Gerechtigkeit?“ (Faust)

Die Grünen werden diese Erhöhungen mittragen, weil diese Erhöhungen den hohen sozialen Standard für alle Bürger/innen sichern können und strukturelle Sparmaßnahmen und Einzeleinsparungen dieses Haushaltsloch nicht stopfen können. Die Erhöhung der Grundsteuer B um über 10% trifft die meisten Bürger/innen, das ist uns klar, doch wie schafft man im Leid Gerechtigkeit? Die geringe Anhebung der Gewerbesteuer ist dem Umstand geschuldet, dass man sich dieser – durchs Steuerrecht gedeckt – leicht entziehen kann. Ich erinnere: von den 3000 Gewerbesteuerpflichtigen in Kleve zahlen nur 800 Gewerbesteuern! Und das ganz legal!

„Der Verräter sitzt nicht in unseren Reihen“! (Faust)

Nach dem Sommer in diesem Jahr haben je 2 Vertreter/innen aller Fraktionen im Rat zu einer Haushaltskonsolidierungskommission zusammengefunden. Die Verwaltung hatte auf Bitten des Rates hin eine Vorlage zur 2. Säule der Haushaltskonsolidierungen erstellt, nämlich neben den Steuererhöhungen auch die möglichen Sparmaßnahmen zu benennen. Bevor wir diskutieren und uns abstimmen konnten, hat jemand aus der OK-Fraktion diese vertraulichen Papiere an die Initiativen des Klever-Kultur-Raumes weitergeleitet, was dort zu großer Unruhe und in der Kommission zu einem Vertrauensbruch geführt hat. Eine Entschuldigung des Fraktionsvorsitzenden hätte genügt, um dieses Vertrauen wiederherzustellen.

„Oh glücklich, wer noch hoffen kann!“ (Faust)

Und ich hoffe, das kommt noch. Denn die Vorschläge zur Konsolidierung sind noch längst nicht abgearbeitet. So hat Herr Janssen von den USK viele begründete Vorschläge gemacht, die noch gar nicht in Antragsform aufgenommen worden sind. Im Gegenteil: der Vorschlag der Grünen, das Blättersaugen im Herbst zu überprüfen, was zu einer Ersparnis von 70.000 Euro führen könnte, wurde zwar von den OK bei der Gegenrechnung zur Minderung der Grundsteuer B benutzt, aber gleichzeitig im Netz absolut lächerlich gemacht! Wir wünschen uns da eine sachliche Auseinandersetzung in der Haushaltskonsolidierungskommission. Eine zeitnahe Fortsetzung ist von uns gewünscht! Wie Sie dem Antrag von CDU und Grünen zum Theater im Fluss entnehmen können, haben wir versucht, die Grundförderung von 10.000 Euro beizubehalten und noch 3.000 Euro projektfinanziert zu gewähren. Keine Kürzung, sondern eine Aufstockung, um die theaterpädagogische Arbeit in Kleve zu sichern. Andere Anträge aus dem Initiativenverbund  Kleve-Kultur-Raum liegen uns nicht vor.

„Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein!“ (Faust)

In diesem Jahr ist der Aufwand für Asylbewerber und ausländische Flüchtlinge auf 6,6 Mill. Euro gestiegen. Politik und  Stadt Kleve sind sich Gott sei Dank einig, dass wir hier investieren müssen, auch wenn uns Bund und Land da oft im Regen stehen lassen. Dank für das hohe Engagement an die Verwaltung und die Ehrenamtlichen, ohne die diese Arbeit nicht zu stemmen wäre. Dazu gibt es einen Antrag vom Haus Beth HaMifgash zu einer Koordinierungsstelle für das Ehrenamt. Die Verwaltung schlägt vor, das Aufgabenprofil einer solchen Stelle bis zum 30.3.16 zu prüfen. Die Hochschule Rhein-Waal plant für ihre Aktivitäten ähnliches. Der Bedarf einer Koordinierung des immensen Einsatzes von Ehrenamtlichen wird überall gesehen und steht außer Zweifel. Darum möchten wir die Verwaltung bitten, den städtischen Anteil dieses Profils bis zur nächsten Sozialausschusssitzung im Februar zu prüfen, denn es reicht nicht, erst Ende des Jahres eine Stelle einzurichten und die Gegenfinanzierung zu sichern.

„Zwei Seelen wohnen, ach in meiner Brust!“ (Faust)

Unsere Bürgermeisterin hat zwei Seelen in der Brust, was die Erhöhung der OGS-Beiträge betrifft, die sie mit den Anträgen von FDP und OK zurücknehmen möchte. Sehr sympathisch ist ihre Ehrlichkeit an diesem Punkt, wenn sie gegen den von ihr unterzeichneten Haushalt stimmen möchte. Doch worum geht es: pro Kind entstehen Kosten von 1.822 €, 447€ Zuschuss gibt es je Kind, der Schulträger kann 170€ pro Monat erheben. Die Stadt Kleve möchte 100 € pro Monat. Es sind 39% der Eltern beitragspflichtig. Bei der Erhöhung der Kindergartenbeiträge hat niemand widersprochen, wieso hier? Auch die Grünen haben sich gewünscht, dass Kinder und Jugendliche von den Sparmaßnahmen nicht betroffen sind, aber keine andere Lösung gesehen. Liebe Stadtverordnete: es geht hier um die Belastung von Doppelverdienern und hohen Gehältern, von denen sich die Stadt einen kleinen Teil zurückholt!

„Die eine( Seele) hält sich an die Welt mit klammerndem Organ“! (Faust)

Wenn man dann noch eine solch‘ unseriöse Gegenfinanzierung vorlegt wie die OK, die investive und konsumtive Maßnahmen im chaotischen Wechsel auflistet, muss man sich nicht wundern, wenn „die andere (Seele) sich gewaltsam hebt…zu den Gefilden“ haushaltstechnischer Rechnerei.

Die Verwaltung fertigt dazu im 1. Quartal 2016 eine Drucksache an, ähnlich wie bei den Kita-Beträgen, aus der die faktischen Mehrbelastungen der Höher Verdienenden hervorgehen. Die Grünen schlagen vor, dass diese Drucksache dann erst im dafür zuständigen Fachausschuss beraten wird! 

„Ich höre schon des Dorfs Getümmel!“ (Faust)

Dieser von uns akzeptierte Haushalt ist eigentlich nur der erste Schritt zur Konsolidierung, weitere stehen aus, die wir hoffentlich zusammen gehen werden. Bei dem jetzigen Stimmenverhältnis sollten manche Stadtverordnete nicht so tun, als ob es Fraktionen gäbe, die für die Entscheidungen im Rat keine Verantwortung hätten. Jede Fraktion kann in den Ausschüssen und im Rat ihre Position darlegen. Es reicht nicht, sich im Netz zu tummeln und ständig Fraktionsberatungen zu beantragen, (um Papi zu fragen), um jeglicher inhaltlicher Diskussion aus dem Wege zu gehen. Wenn wir nicht mehr in den Ausschüssen diskutieren, entmündigen wir den Rat.

Der Neubau oder die Sanierung des KAG ist für uns ein solches Beispiel: alle Fraktionen wollen eine tragfähige Lösung, aber eine inhaltliche Diskussion auf einem angemessenen Sachstandsniveau gab es weder im Bau- noch im Schulausschuss. Wir kloppen uns Anträge um den Kopf! Das Ergebnis ist: wir sind genauso weit wie vor einem Jahr und das liegt nicht an der Verwaltung! Wir machen uns selbst zu einem politischen Zwerg, dabei haben wir Mammutaufgaben zu bewältigen.

„Hier ist des Volkes wahrer Himmel“! (Faust)

Viele Aufgaben neben der Schulsanierung und dem Neubau werden uns bleiben wie die Inklusion, der Flüchtlingszustrom, neue Energien, die Fahrradwege, denn jedes Fahrrad ist ein Auto weniger! Dazu haben wir einige Anträge eingebracht, um die Verkehrspartnerschaft zwischen Auto-, Radfahrern und Fußgänger/innen hinzukriegen.

Freuen wir uns, dass Kleve noch fast 1 Mill. freiwillige Leistungen tätigen kann, Städte wie Rees haben die Zuschüsse für Vereine gestrichen, wir geben noch 40% bis50% Sportförderung. Wir leisten uns eine Wirtschaftsförderung sowie eine Förderung der Stadtbusse. Wir bezahlen die schulische Sozialarbeit, obwohl dies Aufgabe des Landes ist. Wir haben zwei tolle Museen! Das Museum Kurhaus leisten wir uns für 1,2 Mill. € jährlich und dank des großen Engagements der Mitarbeiter, die bitte aus einer Mücke, nämlich dem FDP-Antrag, der zurückgezogen wurde, keinen Elefanten machen sollten. Es ist vielleicht in einer Weihnachtsrede wie der vom vergangenen Freitag auch mal wert zu erwähnen, dass alle anderen Fraktionen hinter dem Museum stehen. Von einem Machtvakuum zu reden, nur weil wir eine neue Bürgermeisterin haben, verkennt den Umstand, dass sowohl diese wie auch CDU, SPD, OK, Grüne und Verwaltung dieses großartige Kulturprojekt niemals in Frage gestellt haben.

„Erstaunen soll das junge Volk, Ihr Bärtigen auch, die Ihr hier vor mir sitzend harrt. Ihr bleibt bei meinem Worte kalt?

Euch guten Kindern lass ich’s (durch)gehen. Bedenkt: der Teufel, der ist alt. So werdet alt, ihn zu verstehen! (Mephisto)


Kleve, den 16.12.2015 – 
Dr. Hedwig Meyer-Wilmes, Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Kleve