Bedenken gegen Tiermast in Keeken

In Kleve-Keeken darf Landwirt Simon Schlüter seine Putenmast auf 55.410 Tiere erweitern. Naturschützer sind entsetzt.

Die Putenmast in Kleve-Keeken darf erweitert werden – von 35.777 auf 55.410 Tiere.            Foto: Roy Glisson, NRZ

Grüne wollen Grenzen für Massentierhaltung

Wie geht es weiter mit der modernen Landwirtschaft? NRW-Agrarminister Johannes Remmel möchte der Massentierhaltung künftig einen Riegel vorschieben. Sein jüngster Vorschlag auf der grünen Woche: Großmastan­agen – etwa für Geflügel oder Schweine – sollen ab einer Größe von 40.000 Tieren nicht mehr ohne weiteres genehmigt werden können. Remmel sorgt sich um den artgerechten Umgang mit den Masttieren und den übermäßigen Einsatz von Antibiotika.

Probroblematische Erweiterung

Große Betriebe sind auch im Kreis Kleve in den vergan­genen Jahren viele entstanden: Schweine, Kühe, Hühner und Puten werden in immer größeren Stallungen gehalten, damit die Landwirte effizienter arbeiten und Kosten senken können. Die jüngste Ent­wicklung vollzieht sich in Kle-ve-Keeken. Die Kreisverwal-ung hat vor gut zwei Wochen die Genehmigung für die Er­weiterung eines Putenmastbetriebes auf 55.410 Tierplätze erteilt. Nach der Definition des grünen Agrarministers wä­re dies eher eine Industrieanla­ge als ein landwirtschaftlicher Betrieb. Die hiesigen Natur­schutzverbände unterstrei­chen dies.

Josef Peters kann „die Dis­kussion bald nicht mehr hö­ren“. Der Kreislandwirt be­tont, dass die Anlage in Kee-ken ein „ganz normaler bäuer­licher Betrieb“ sei und nichts mit einer Industrieanlage zu tun habe. „Hier wurde nach Recht und Gesetz gehandelt. Es wurde alles eingehalten, das Ganze hat zwei Mal wäh­rend der Offenlage in der Zei­tung gestanden“, betont Pe­ters. Man solle die Landwirte nicht kriminalisieren.

NABU: Das kann nicht gut sein!

Volkhard Wille vom Natur­schutzbund Deutschland (Na­bu) sieht das anders. Er hält die Betriebserweiterung in Keeken für äußerst problema­tisch: „Wir halten eine weitere Industrialisierung im Vogel­schutzgebiet für falsch.“ Ein Putenmastbetrieb für über 55.000 Tiere könne nicht gut sein: „Das sagt einem schon der gesunde Menschenver­stand.“

Der Nabu hat Bedenken be­züglich des Artenschutzes und der Tierhaltung, bemängelt die Unvollständigkeit der Pla­nungsunterlagen und die Am­moniak-Freisetzung, die eine Beeinträchtigung des Arten-reichtumes in der Düffel be­deute. „Die Erweiterung die­ses Betriebes ist ein Paradebei­spiel für die Industrialisierung der Landwirtschaft“, so Wille. Der Nährstoffkreislauf sei nicht mehr gegeben. Die Ländereien des Landwirten reichten nicht aus, um die Tiere zu ernähren, so dass Futterm­ittel in großen Umfang zugekauft werden müssen.
Landwirt Simon Schlüter kennt die Argumente der Naturschutzverbände. Der Landwirt sagt, dass er die Mast seiner Puten ethisch einwandfrei vertreten kann: „Wir leben einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Die Betriebe werden größer und produktiver.“ Dass man Futtermittel hinzukaufen müsse, sei nicht verwerflich: „Futtermittelwerke bestehen ja nicht erst seit gestern“, so Schlüter.

Wir produzieren keine Billigware

Er sei mit Leib und Seele Landwirt und Putenmäster und stehe hinter seinem Produkt: „Ich bin ein ethisch denkender Mensch. Wir produzieren hier keine Billigware.“ Fleisch, das exportiert werde, gehe meist in europäische Nachbar-länder und werde nicht verramscht. „Wir halten alle gesetzlichen Vorschriften ein“, betont Simon Schlüter Der Einsatz von Antibiotika in der Putenmast werde vom Kreisveterinäramt genauestens überwacht.

Andreas Gebbing, NRZ vom 25.01.2012


Etikettenschwindel:
Putenmastanlagen sind Industriebetriebe

Josef Peters spricht für den Bauernverband. Aber den „Bauern“ (von Bure = Dorfgenosse) gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr; die „Bauern“ wurden „Landwirte“. Landwirte erzeugen die Futtergrundlage für ihre Tiere zu mehr als 50 Prozent auf eigenen Flächen. Die Putenmastbetriebe halten gar keine Anbauflächen vor und sind deshalb keine „ganz normalen bäuerliche Betriebe“ – sie sind Industriebetriebe, denn sie erhalten ihr Mastfutter von einem Hersteller.

Eigentlich sind diese Betriebe , wenn man genau hinschaut, Lohnmästereien, die unter industriellen Bedingungen in Massentierhaltung Fleisch produzieren.

Den Schaden hat die Natur – und wir

Der Bauernverband, die Vereinigung , für die Herr Peters spricht, hat sich festgelegt: Wachsen oder Weichen! Und so werden landwirtschaftliche Familienbetriebe dazu getrieben, Fleischfabriken von unvorstellbarer Größe zu werden. den schaden haben die Tiere, die Natur, das Grundwasser und schlussendlich wir Verbraucher. Und vor allem aber der Landwirt selbst.

Drer quasi-industrielle Putenmastbetrieb der Firma schlüter liegt inselgleich im Naturschutzgebiet „Die Düffel“.

Eckhard Lenz, Naturschützer, Kranenburg-Niel